Die kleine Antonia wog bei ihrer Geburt 350 Gramm.
Ihre Eltern Helene (rechts) und Andreas Keller sind heute froh
über die Entscheidung, die Kleine relativ rasch aus der Klinik
nach Hause geholt zu haben. Bettina Grießhabers (links),
ambulanter Kinderkrankenpflegedienst, begleitete die Familie fast ein
Jahr lang.
Bild: Habermann
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Rems-Murr Rundschau vom 17.Januar 2008
Antonia lebt und ist gesund: "Ein Wunder“
Ambulanter Kinderkrankenpflegedienst
„Sternschnuppe“ ermöglicht Frühchen oder
kranken Kindern ein Leben zu Hause.
Antonia wog bei ihrer Geburt 350 Gramm. Etwas mehr als ein
Stück Butter. Heute ist Antonia anderthalb, und es geht ihr gut.
Ihre Eltern führen das auch darauf zurück, dass die Kleine
dank des Kinderkrankenpflegedienstes „Sternschnuppe“
relativ rasch nach Hause kommen konnte.
Helene und Andreas Keller haben die ersten Fotos von ihrer Tochter
weggeschlossen. Das viel zu früh geborene Mädchen glich eher
einem Vögelchen als einem Menschenkind. Sein Leben verlief in der
ersten Zeit nah an der Grenzlinie zwischen hier und dort. Als Antonia
400 Gramm wog, musste sie operiert werden. Ganz oft gelingen diese
Operationen nicht.
Das fröhliche Lachen sagt schon viel
Antonia lacht fröhlich, während ihre Eltern von dieser
Zeit erzählen. Bewusst erinnert sie sich natürlich nicht an
den ersten großen Wendepunkt ihres Lebens: Antonia war
fünfeinhalb Monate alt, als sie samt Sauerstofftank und Monitor
das Waiblinger Krankenhaus verlassen und nach Hause umziehen konnte.
Ihre Eltern lernten zuvor, wie man einen Säugling wiederbelebt,
für den Fall der Fälle. Ihren Vater Andreas Keller plagten
Ängste, gesteht der Schorndorfer heute: Und wenn mit der Kleinen
was nicht in Ordnung ist und kein Arzt greifbar – was dann?
Bindung zwischen Eltern und Kind gedeiht zu Hause besser
Ängsten wie diesen begegnet Bettina Grießhaber sehr oft. Trotzdem rät die Gründerin des ambulanten Kinderkrankenpflegedienstes,
Frühchen wie Antonia in enger Abstimmung mit dem Krankenhaus bald
nach Hause zu holen, sofern die medizinischen Befunde das zulassen. Die
emotionale Bindung zwischen Eltern und Kind gedeiht zu Hause besser,
begründet Bettina Grießhaber diese Haltung. Die
Pflegedienstleiterin hat nach vielen Jahren Arbeit im ambulanten
Krankenpflegedienst erkannt, dass eine Spezialisierung auf die
Intensivpflege von Kindern im häuslichen Umfeld Sinn macht:
„Sternschnuppe“ entstand vor anderthalb Jahren, und heute
beschäftigt Bettina Grießhaber zehn Fachkräfte, die
jeden Monat etwa 1500 Stunden der Intensiv- und Behandlungspflege von
Kindern widmen, im Umkreis von etwa 30 Kilometer rund um Bittenfeld,
dem Sitz von „Sternschnuppe“. Die Krankenkassen bezahlen
für diese Dienstleistung, sofern, wie in Antonias Fall,
zunächst das Krankenhaus, später der Hausarzt, den Bedarf
bescheinigen. Ganz abgesehen von den Vorteilen für die Familien,
sparte die Krankenversicherung damit Geld: Ambulante
Kinderintensivpflege kostet laut Grießhaber sehr viel weniger als
ein Krankenhausaufenthalt. Selbst dann, wenn ein Kind 24 Stunden am Tag
zu Hause von einer Fachkraft betreut wird. Auch vor solchen Fällen
schreckt Bettina Grießhaber nicht zurück. Es gibt Kinder,
deren Leben auf Dauer von Apparaten abhängt, die niemals werden
selbstständig atmen können. Auch diese schwerstkranken Kinder
können zu Hause leben, sagt die Pflegedienstleiterin. Antonia
braucht schon lange keinen Sauerstofftank mehr, und niemand muss mehr
vor Schreck zittern, wenn mal wieder ein Kabel verrutscht ist und ein
Fehlalarm tönt. Elf Monate lang haben in der Intensivpflege
erfahrene Kinderkrankenschwestern die Familie begleitet, zunächst
täglich zehn Stunden in der Nacht, dann immer weniger. „Sie
haben mir die Angst genommen“, sagt Andreas Keller, der heute
froh ist über die Entscheidung, Antonia früh nach Hause
geholt zu haben.
Täglich nach Ulm gependelt, um das Kind zu sehen
Natürlich ist die Kleine heute, mit anderthalb, in ihrer
Entwicklung nicht ganz so weit wie Gleichaltrige, die viel länger
im Mutterleib wachsen konnten. Und natürlich hat Helene Keller
noch immer eine Menge Arzttermine zu absolvieren mit dem Kind. Doch was
ist das schon im Vergleich zu den ersten Monaten, als die Mutter
täglich zwischen Schorndorf und der Uniklinik in Ulm pendelte, um
ihr Kind zu sehen, bevor die Kleine endlich ins Waiblinger Krankenhaus
verlegt werden konnte. Antonia war in der 26. Schwangerschaftswoche in
Ulm ins Leben geholt worden, wegen Komplikationen, die für beide
lebensbedrohlich waren, für Mutter und Kind. Dass Antonia sich
nach alldem so gut entwickelt hat, können die Eltern in nur einem
Wort ausdrücken: ein „Wunder“.
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